Die Prosektur

Prosektur oder Pathologie heißt der Teil eines Krankenhauses, in dem die verstorbenen Patientinnen und Patienten obduziert
werden. In Kloster lrsee existiert eine solche seit der Eröffnung der „Kreis-Irren-Anstalt“ 1849 bis zur Schließung der Einrichtung
1972. Zunächst befindet sich die Pathologie neben den Patientenbädern im Keller des Konventgebäudes. 1880 lässt die Anstaltsleitung neben der Kirche ein eigenes Gebäude errichten.

Die Prosektur ist weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Sie besteht aus zwei Räumen: Der eigentliche Obduktionsraum ist mit Seziertisch, Beleuchtung und einem kleinen Ofen zur Beheizung ausgestattet. Vom benachbarten Leichenraum aus wird der Sarg zum Friedhof gebracht. Der in Rautenform verlegte Bodenbelag aus Solnhofer Platten lässt vermuten, dass er zeitweise auch als Abschiedsraum dient.

Grundsätzlich stellen Obduktionen die individuelle Todesursache aller verstorbenen Patientinnen und Patienten einer psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalt fest – so auch in lrsee. Eine Ausnahme bilden Patienten der Armenfürsorge: Seit Gründung der Anstalt werden einige von ihnen der „Münchener Anatomie“ zu Übungs- und Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Während der Patientenmord-Aktionen im Nationalsozialismus werden auch in lrsee Todesursachen auf den Leichenschauscheinen der Opfer gefälscht, um die systematischen Tötungen zu verschleiern.

Nach 1972 bleibt das Gebäude der Prosektur zunächst ungenutzt. Seine ursprüngliche Funktion gerät in Vergessenheit, zumal ein weiterer Raum zur Beheizung des Kirchengebäudes angebaut wird. Mitte der 1990-er Jahre wird die Prosektur vom Schwäbischen Bildungszentrum Irsee als Gedenkstätte eingerichtet. 2023 wird ihre Bausubstanz gesichert und die Prosektur als Raum des Erinnerns und Gedenkenens für die Opfer der NS-„Euthanasie“ neu gestaltet.